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Diversity Good-Practice

Forscher:innen visualisieren Schmerzempfinden der Geschlechter

Das Schmerzempfinden ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Doch eine genaue Beschreibung kann wichtig für die Diagnose und die Behandlung sein. Ein Forschungsprojekt widmet sich nun der Darstellung von subjektivem Schmerzempfinden. Davon sollen Patient:innen und medizinisches Personal profitieren.
Text: Helene Fiegl
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© mit AI generiert/DALL-E
Schmerzen zu beschreiben ist oft schwierig und uns fehlen meist die Worte dafür. Gerade Frauen fühlen sich bei Beschwerden oft nicht ernst genommen. Forscher suchen nun nach Möglichkeiten, Schmerzen gendersensibel in 3D zu visualisieren.

Schmerzen sind ein subjektives Erlebnis. Was für die eine Person sehr schmerzhaft ist, wird von der anderen nicht wirklich intensiv empfunden. Zudem ist die Beschreibung von Schmerzen knifflig. Ob brennend, stechend, drückend oder pulsierend  – das können viele nur schwer benennen. Auch die Intensität ist oft nur mit Mühe in Worte zu fassen. Dazu kommt, dass die Befindlichkeiten, oft trifft es dabei Frauen, übergangen werden.

Im Projekt „Embodied Perceptions“ (dt. „verkörperte Wahrnehmungen“), unter der Leitung des AIT Center for Technology Experience, wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet. Gesucht werden Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren

Schmerzempfinden kommunizieren

Schmerzen und Krankheiten sind etwas höchst Subjektives, gleichzeitig sind sie nur durch Kommunikation vermittelbar. Hier tun sich Betroffene oft schwer, sich richtig auszudrücken. Dabei spielen auch Vorurteile und lokal geltende, soziale Normen mit herein.

Seit den 1990er Jahren gewinnt die Gendermedizin stetig an Bedeutung. Die geschlechterspezifische Medizin trägt dazu bei, das Bewusstsein für unterschiedliche Schmerzursachen und für kontextuelle Faktoren des subjektiven Leidensausmaßes von Frauen und Männern zu erhöhen.

Frauenschmerzen unter dem Radar

Ein aktuelles Beispiel für die Problematik sind Corona-bedingte Langzeitfolgen und Schmerzen, die bei Betroffenen sehr unterschiedlich stark auftreten und noch vollständig erforscht werden müssen. Oftmals berichten Frauen, dass ihre Schmerzen und Symptome belächelt und nicht ernst genommen werden. Bei diesem sogenannten „medical gaslighting“ negieren  Ärzt:innen demnach die Schmerzen der Frauen bzw. behandeln sie falsch.

Die in der Vergangenheit priorisierte Betrachtung männlicher Erfahrungen in der Medizin führte zu einem „Health Data Gap“, sodass heute insbesondere frauenspezifische Schmerzen und Krankheiten wie etwa Endometriose (eine gynäkologische Erkrankung) wenig erforscht und daher in der medizinischen Community kaum präsent sind. Darüber hinaus beeinflussen soziale Normen, welche Formen von Schmerz sozial akzeptiert und kommuniziert werden dürfen

Mit „Embodied Perceptions“ sollen nun die Grundlagen für eine userzentrierte Plattform entwickelt werden. Damit soll es den Patient:innen ermöglicht werden, ihre persönlichen Schmerzempfindungen in 3D-Technologie zu visualisieren. Verschiedene Aspekte des Schmerzes – wie Intensität, Ort, Ausbreitung und Art des Empfindens – sollen präzise dargestellt und für z.B. Mediziner:innen, klar und schnell erfassbar gemacht werden.

Diversitätssensible 3D-Visualisierung

„Schmerz ist eine hochindividuelle und oft schwer zu beschreibende Erfahrung. Im Projekt ‚Embodied Perceptions‘ wollen wir Wege finden, Schmerz sichtbar und verständlich zu machen“, betont Diotima Bertel, Projektleiterin am AIT Center for Technology Experience. „Durch diversitätssensible 3D-Visualisierungen können Patient:innen ihre Empfindungen auf eine neue Art ausdrücken. Das hilft dem medizinischen Personal, den individuellen Schmerz der Patient:innen besser zu verstehen und gezielter zu behandeln“, erklärt Bertel.

Insbesondere Menschen mit jeglichen körperlichen oder kognitiven sprachlichen Einschränkungen könnten davon profitieren. Damit eröffnet sich für alle Beteiligten eine völlig neuartige Dimension zu personalisierten Diagnose- und Behandlungsansätzen.

„Besonders bei chronischen Schmerzpatient:innen besteht oft das Problem, dass Schmerz schwer in Worte gefasst werden kann und traditionelle Schmerzbögen nicht ausreichen, um das Ausmaß der Beschwerden vollständig zu erfassen“, erläutert Beatrix Wais-Zechmann, Physiotherapeutin und Forscherin am AIT Center for Technology Experience. „Mit der neuen Plattform werden wir eine Brücke zwischen den subjektiven Schmerzempfindungen der Patient:innen und der medizinischen Analyse schaffen“, ist Wais-Zechmann überzeugt.

 

Über das Projekt
„Embodied Perceptions“ läuft seit September 2024. Neben dem AIT als Projektkoordinator sind der Verein EURAG Österreich/Allianz Chronischer Schmerz (Patient:innen-Perspektive), die Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit als führende Institution in der Langzeitpflege, das Software-Kompetenzzentrum RISC sowie das Technologieunternehmen SYNYO Teil des Konsortiums. Diese interdisziplinäre Expertise soll  sicherstellen, dass im Projekt sowohl praxisorientierte als auch digital innovative Lösungen entwickelt werden.

Über das AIT
Das AIT Austrian Institute of Technology ist mit über 1.500 Beschäftigten und einer Betriebsleistung von knapp 200 Mio. Euro Österreichs größte Forschungs- und Technologieorganisation. Das AIT fokussiert auf die Forschungsschwerpunkte „Nachhaltige und resiliente Infrastrukturen“, insbesondere in den Bereichen Energie, Transport und Gesundheit, sowie die „Digitale Transformation von Industrie und Gesellschaft“ und arbeitet dabei eng mit Universitäten, der Industrie und öffentlichen Institutionen zusammen.

Für mehr Infos: AIT Austrian Institute of Technology, AIT Austrian Center for Technology Experience

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